Die Krux mit der Kreativität oder: Wie und woher haben manche Menschen so gute Ideen?

Kreativität hat mich schon immer beschäftigt und fasziniert. Ich habe von klein auf gemalt, mit Farben experimentiert, gezeichnet, gebastelt, mir Geschichten ausgedacht – einfach gespielt und mir diese Freude beibehalten. Mein erster Blogbeitrag hier handelte vom Schreiben. Die Verbindung von Kopf und Händen beinhaltet eine Magie. Diese entfaltet ihren Zauber, wenn sie von den Händen aufs Papier, die Leinwand, die Tasten wandert und sich in Form von Farbe, Nullen und Einsen, Formen, Musik und Worten entlädt.

Im bayerischen Abitur gibt es ein sogenanntes Kunst-Additum. Ich habe es belegt. Was für ein Privileg, vier Stunden in der Woche, vom bayerischen Bildungsministerium als sinnvoll abgesegnet, mit den Händen aktiv werden zu können. Der Bildnerisch-praktische Teil der Abiturprüfung bestand u. A. darin, „Essensobjekte“ zu gestalten. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich unter anderem einen Burger gebastelt.

Während des Schreibens dieser Sätze, höre ich schon die Denkblasen in den Köpfen einiger LeserInnen aufploppen: „Was für ein Unsinn“, „Wenn jeder das machen würde, ginge unsere Wirtschaft schnell den Bach runter“, „mit Kunst gewinnt man keine Kriege“. Nun, um die Gegenargumente von hinten aufzurollen: Zu letzterer Aussage haben viele Völker eine Gegenmeinung. Man denke nur an die Brasilianer und Capoeira oder die chinesische Kunst des Krieges Sunzi.

Selbstverständlich habe ich auch Mathematik, Deutsch usw. als Fächer besucht und insgesamt mit einer sehr guten Note abgeschlossen. Dennoch sind Kunst, Musik und Sport wichtige Bausteine im Lehrplan. Randnotiz: Wenn es nach führenden Psychologinnen wie Stefanie Stahl ginge, würde auch ein Unterricht hinzukommen, der sich mit den Gefühlen der Schülerinnen beschäftigt.

Zurück zur Kunst und Kreativität. Ist es wirklich ein nischiges Feld, zum Vergnügen weniger Eskapisten, die so ihrer Über-Sensibilität Ausdruck verleihen?

Im Gegenteil, Ideen sind in jedem Bereich von Vorteil. Wenn Wicki sich an der Nase reibt und ausruft: „Ich hab’s, na klar!“, dann rettet das die gar nicht so starken Männer immer wieder aus brenzligen Situationen.

Unsere Welt wird immer komplexer und gute Lösungen damit gefragter. Die Nato beschäftigt Leute in Geheimlaboren, die Zukunftsszenarien durchdenken und spielen.

Aber wie kommt man auf diese ominösen Einfälle, ohne Wickie zu heißen, oder bei der NATO angestellt zu sein?

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Wie werde ich kreativ?

Erst einmal: Kreativität lässt sich trainieren, wie jeder andere Muskel auch. Dabei muss man das Rad nicht neu erfinden, sondern gut darin werden, bereits bekanntes andersartig in den Kontext zu setzen. Mit Steve Jobs Worten: „Kreativität bedeutet nur, Dinge neu zu verknüpfen.“

Wir müssen also lernen, zu assoziieren, den Gedanken freien Lauf zu lassen, in Bildern zu denken. Dem Gehirn neue Impulse geben. Damit Synapsen feuern, sich verbinden und neue Windungen in unserem Oberstübchen schaffen. Mit etwa 100 Billionen Nervenverbindungen ist das menschliche Gehirn das komplexeste Netzwerk auf Erden. Die Kunst ist es nun, unsere Nervenzellen zu verschalten, damit Geistesblitze entstehen.

Eine gute Übung ist es zum Beispiel, jeden Tag 10 Ideen zu notieren. Vergleichbar mit den 10 obligatorischen Liegestütze, die ein Fitnesscouch an dieser Stelle empfehlen würde.

Man kann sich natürlich auch der klassischen Brainstorming Wolken bedienen, oder jedes weiteren Werkzeugs, das die Energie Schwarz auf Weiß zu Papier bringt.

Was ich sonst gerne mache, ist darauf losschreiben. Damit meine ich keine zusammenhängenden Texte, sondern wirklich wirre Wort- und Gedankenverkettungen. Wie das geht und was das bringt? Erst einmal setzt man sich einen zeitlichen Rahmen, z. B. 2, 5 oder 10 Minuten. Dann benötigt man ein Thema oder eine Fragestellung. Check? Ok, nun wird geschrieben. Das Wichtigste in dieser Phase: Keine Kritik, keine Restriktionen. Jeder Gedanke und mag er anfangs noch so unnütz, komisch, gar lächerlich wirken, wird notiert. Rechtschreibfehler, politische Korrektheit, die Schreibweise von „Zucchini“ alles egal. Dieser geistige Erguss, meine Mathematiklehrerin Frau Bodarwé hätte spitz gesagt „geistiges Diarrhö“ ist wichtig. Kürzen, korrigieren und neu weiter denken können wir immer noch danach. Es geht darum, ein Momentum an Gedanken und Ideen aufzubauen. Skeptisch? Probiert es aus.

Was mir just in diesem Moment als Vergleich einfällt und gar eine neue Komponente zur Übung hinzufügt, die ich bis jetzt noch nicht getestet habe: Ausschütteln! Ja, richtig gehört. Gemeinhin ist es Konsens der Wissenschaft, dass es gesund sei, den Körper zu schütteln. Was alle BesucherInnen eines Yoga oder Biohacking Kurses bereits wissen, können wir auch für uns nützen. Körper und Geist sind verbunden. Wenn der Körper also aufgelockert ist, fließen auch die Gedanken besser. Was uns zum nächsten Punkt bringt:

Spannung und Entspannung – Warum spazieren gehen Wunder bewirken kann

Die Zahl der Gelehrten, SchriftstellerInnen, MusikerInnen und DichterInnen, die gerne und bewusst spazierten, ist lang: Charles Dickens, Virginia Woolf, Aristoteles, Friedrich Nietzsche…  Nach einer Studie der Universität Stanford ist das Kreativitätslevel beim Laufen deutlich höher als beim Sitzen (vgl. Marily Oppezzo (Santa Clara University) und Daniel Schwartz (Stanford University), Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory and Cognition, doi: 10.1037/a0036577).

Es gibt zudem viele Kreativitätstechniken, die mit der Methodik von Anspannung und Entspannung funktionieren. Pomodori, eine beliebte Zeitmanagementmethode, wechselt zum Beispiel fokussierte Arbeitssitzungen mit häufigen kurzen Pausen ab, um die Konzentration aufrechtzuerhalten und geistiger Ermüdung vorzubeugen.

Philipp Barth listet in seinem Buch „Ideensucher“ die Akkordeon-Technik auf. Wie sich anhand des Namens unschwer erraten lässt, geht es auch hier um den Wechsel von Anspannung und Entspannung:

„Zusammengefasst:

Arbeiten Sie konzentriert (z. B. 45 oder 60 Minuten)

Machen Sie eine kleine Pause (10 Minuten) und tun Sie, worauf Sie Lust haben

Arbeiten Sie wieder 45 oder 60 Minuten konzentriert

Streuen Sie eine kurze Pause ein, in der Sie tun, was Sie wollen (10 Minuten) → Gehen Sie wieder an die Arbeit.“

Wie auch immer man diese Erkenntnis in seinen Alltag einbaut, es hilft, das Grundprinzip zu verinnerlichen, um die eigene Kreativität und Produktivität zu steigern.

Metaphernlogbuch

Eine eher unbekannte Methode, die mir in dem Buch „Unsere kreative Zukunft“ über den Weg gelaufen ist — Achtung das war Metapher Nummer 1. Wie bereits geschrieben, hilft es für Kreativität, in Bildern zu denken. Diese Fähigkeit kann man üben, indem man alle interessanten und überraschenden Metaphern notiert. Für den Anfang kann man eine Woche mit offenen Augen durch die Welt gehen jede Metapher eintüten, wie Goldnuggets im Wilden Westen. Na, schon in Gräberstimmung? Du wirst überrascht sein, wie viele sprachliche Schätze unsere Welt dort draußen birgt.

Tagträumen

Franzi jetzt reicht es aber mit unproduktiven Tipps… Was soll das nun wieder? Zum Glück habe ich mir diesen Punkt nicht selbst ausgedacht, sondern so häufig in Büchern gelesen, dass man ihn hier als nützlichen Tipp nicht ignorieren kann. Von einer meiner Lieblingsautorinnen Astrid Lindgren stammt der wunderschöne Ausspruch „Und dann muss man ja auch noch Zeit haben, einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen“. In unserer (noch) kapitalistisch geprägten und auf Wachstum ausgerichteten Welt geht es viel um Zahlen, Leistung und Produktivitätssteigerung.

Spielen, Gedanken schweifen lassen und scheinbar nichts tun, kommen dabei zu kurz. Unser Geist benötigt die Wanderschaft genauso wie unser Körper. Problematisch ist, dass wir ihn aber meistens dauerbeschallten mittels Medien und dem Smartphone. Der Mensch ist von Natur aus neugierig. Wir befriedigen diesen Wissensdurst heute mit endlosen Scrollen statt freien Denken. Und betäuben so uns so selbst. Tagträumen hat ein schlechtes Image, wird in Deutschland gar mit Faulheit in Verbindung gebracht. Studien zeigen dabei, dass Menschen die häufig tagträumen, höhere intellektuelle und kreative Fähigkeiten aufweisen und über effizientere Gehirnsysteme verfügen (»Functional connectivity within and between intrinsic brain networks correlates with trait mind wandering« von Christine A. Godwin, Michael A. Hunter, Matthew A. Bezdek, Gregory Lieberman, Seth Elkin-Frankston, Victoria L. Romero, Katie Witkiewitz, Vincent P. Clark und Eric H. Schumacher (August 2017).

Die Zukunftsforscherin Florence Gaub schreibt in ihrem Buch: „Langeweile ist dabei ganz besonders wichtig: Gerade weil unser Geist Langeweile hasst, wird er sich umso mehr selbst unterhalten, Je gelangweilter er ist. Die besten Ideen haben wir daher oft, wenn wir besonders gelangweilt sind. Wenn Langeweile das Gehirn zum Sport bewegt, sind die sozialen Medien der Zucker, der es auf der Couch sitzen lässt.“

Planung oder Tagträumen - was ist besser?

Auch für die LeserInnen, die sich jetzt denken: Schön und gut, aber mit Tagträumen hat noch niemand ein Haus oder einen Staudamm gebaut, Kinder großgezogen, oder das Abitur geschafft. Das stimmt. An dieser Stelle erstens der Hinweis: In diesem Beitrag geht es um Kreativität und Ideenfindung, die Planung, Umsetzung und Erreichung von Zielen folgt danach. Zweitens eine treffende Einordnung von Frau Gaub: „Planung ist ein stark zielorientierter Prozess, es werden Schritte durchdacht, Zeitpläne entwickelt, Zielvorgaben vereinbart. In der Planung gibt es normalerweise keinen Platz für Erkundung, Vorstellungskraft oder Kreativität, und sie ist weder spielerisch noch explorativ. Dass die Planung gedanklich enger gesteckt ist, sieht man auch auf Gehirnscans, es werden weniger Bereiche des Gehirns eingesetzt als beim Tagträumen.“

Beim Tagträumen geht es um das Warum. Um zu wissen, welches Ziel / Projekt / Idee wir ansteuern, müssen wir einen Fixstern haben.

Wir brauchen beide Systeme: das Explorative und die Planung. Personen, die nur tagträumen, ohne zu planen, werden ihr Ziel seltener erreichen. Ein Beispiel aus Gaub’s Buch sind die guten Vorsätze fürs neue Jahr. Diejenigen, die mit einem Plan untermauert sind („fünfmal pro Woche trainieren“), haben eine Chance von fast 50 Prozent, umgesetzt zu werden, aber diejenigen, die keinen konkreten Plan haben („mehr trainieren“), haben eine Erfolgsquote von nur acht Prozent.

Da man inspiriert von Frau Gaub gerne weit in die Zukunft guckt, haben wir uns durch diesen kleinen Exkurs ein paar Schritte zu weit katapultiert. Bevor wir über die Umsetzung unserer Ideen, oder gar Ziele sprechen, möchte ich noch einmal eine Schleife drehen mittels…

Serendipität

„Das Wort ‚Serendipität‘ ist im deutschen Sprachgebrauch eher selten. Der Begriff stammt aus dem Englischen (serendipity) und beschreibt glückliche Zufälle sowie unerwartete Entdeckungen. Geprägt wurde er erstmals 1754 vom englischen Schriftsteller Horace Walpole in einem Brief. Er entlehnte das Wort aus dem persischen Märchen Die drei Prinzen von Serendip, in dem die Protagonisten durch eine Mischung aus Zufall und Scharfsinn immer wieder neue Entdeckungen machen – oft sogar genau das, wonach sie gesucht hatten. Der zeitgenössische Autor John Barth fasst das Phänomen treffend zusammen: ‚Nach Serendip gelangt man nicht, indem man Kurs darauf setzt. Man läuft einfach los und kommt unterwegs zufällig vom Weg ab.‘

Seit ich von diesem Prinzip gelesen habe, pflege ich noch lieber meine Apple Notizen (mittlerweile im unteren vierstelligen Bereich 😅). Andere Menschen gehen die Sache noch strukturierter an, mit eigenes dafür entwickelten Tools wie Evernote, oder Microsoft OneNote. Für mich persönlich hat sich allerdings das gute, alte Notizbuch, nun in digital, als Mittel der Wahl herausgestellt, ganz einfach, da ich meine Notizen in Form des iPhones, MacBooks, oder iPads so gut wie immer dabei habe.

Serendipität tritt zumeist dann auf, wenn die Grenzen der jeweiligen Disziplin überschritten werden. Wo wir wieder bei meiner Liebe für Bibliotheken wären. Für mich ist es eine wunderbare Auszeit, ohne Ziel durch eine Bücherei zu streifen und Exemplare herauszugreifen, die meine Aufmerksamkeit erregen. Manchmal lese ich nur den Klappentext und stelle sie wieder zurück ins Regal, andere leihe ich aus und bringe sie ungelesen wieder zurück, aber jedes Mal sind auch Schätze dabei. Neue Impulse, die ich so noch nicht auf dem Schirm hatte. Subjektiv wertvolle Gedanken oder Passagen schreibe ich in meinen Notizen. So kann ich später, in einem anderen Kontext und einer anderen Lebenssituation, wieder darauf zurückgreifen.

Am zielführendsten ist diese Methode der Serendipität, wenn man hintergründig ein Thema hat, das im Kopf arbeitet, auf das der Geist unterbewusst Antworten sucht.

Das Spiel als höchste Form der Forschung

Langeweile als Quelle der Kreativität habe ich beim Punkt des Tagträumen bereits erwähnt. Wir alle erinnern uns wohl an Momente unserer Kindheit, in denen kurzerhand eine Klopapierrolle zum Dampfer eines großen Schiffes erklärt wurde, Baumrinde mitsamt Stock und Blatt als Piratenschiff in See stieß, oder ein Legomännchen als Baby unserer Playmobilfiguren geboren wurde. Meine Schwester und ich standen ansonsten regelmäßig vor der Herausforderung, mehrstündige Autofahrten zu einem lustigen Erlebnis zu machen. Ich kann nicht mehr genau sagen was, aber uns fiel immer etwas witziges ein, wir ließen uns von der Umgebung inspirieren, blödelten, ärgerten uns, erratenen Kennzeichen oder dachten uns neue Akronyme aus.

Nun fühle ich mich wirklich alt, aber ihr ahnt es schon, an dieser Stelle folgt die Keule gegen Handys, Tablets und Co. – Tatsächlich und zum Glück hatte ich das in meiner Kindheit bis zu einem gewissen Alter nicht. Die Fernsehzeit war von meinen Eltern eingeschränkt. Heute ist es ein Leichtes, Kinder künstliche Beruhigungspillen zu geben. In Form von Apps, YouTube Videos, oder Spielküchen, die bereits alles vorkochen mitsamt elektronischer Geräusche. Steven Johnson, Verfasser des Buchs „Woher gute Ideen kommen – eine kurze Geschichte der Innovation“ stellt hier die berechtige Frage: „Wenn alles vorgekocht wird, entwickeln wir dann überhaupt noch unsere eigene Neugier und Phantasie weiter?“ Weiter führt er aus, dass sich Biologen darüber einig sind, dass das Bedürfnis nach freiem Spiel tief in unserer Natur steckt. „Nahezu alle Säugetiere spielen, und auch viele andere Tiere können es nicht lassen. Raben in Alaska lieben es, von verschneiten Dächern hinunterzurutschen. An einem Strand in Australien wurden Krokodile gesichtet, die zum Spaß auf den Wellen zu surfen schienen, und kanadische Wissenschaftler haben Oktopoden dabei beobachtet, wie sie Wasserstrahlen auf leere Medikamentenflaschen abfeuern. Auf den ersten Blick erscheint das Spielen vielleicht als nutzloser Zeitvertreib. Doch das Faszinierende ist, dass die klügsten Tiere - wie Affen und Elefanten - auch das ausgeprägteste Spielverhalten zeigen.“

Weiterführende Literatur

Jedem, den das Thema weiter interessiert, kann ich folgende Bücher persönlich empfehlen:

Im weiteren Sinne auch interessant

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Künstliche Intelligenz und Kreativität

Der ein oder andere aufmerksame Leser mag auch schon die neuen Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz erwogen haben. Das kann man natürlich machen und sollte man auch, wenn man mit der Zeit gehen möchte. Für mich ist KI schlichtweg eine Erweiterung des Werkzeugkastens. Als Quelle der Kreativität, bleibt der Mensch für mich der Ausgangspunkt. Jeder von uns hat andere Erlebnisse und Erfahrungen als Fundament, jeder von uns macht Fehler. Aus diesen Fehlern entstehen Zufälle, die sich nicht planen lassen. Der schiefe Turm von Pisa ist ein Fehler. Bei dem Versuch, diesen zu korrigieren, wurde er nur noch verschlimmert. Heute besuchen ihn 5 Millionen Menschen jährlich, gerade wegen der Imperfektion.

Bleibt neugierig!

Hierzu eine interessante Studie:

Experten beurteilten amerikanische Präsidenten anhand einer langen Liste von Persönlichkeitsmerkmalen und verglichen diese mit Bewertungen durch unabhängige Historiker und Politikwissenschaftler. Nachdem sie Faktoren wie Amtszeit, Kriege und Skandale berücksichtigt hatten, sagte nur eine Charaktereigenschaft durchgängig präsidiale Größe voraus. Entscheidend war nicht, ob die Präsidenten ehrgeizig oder forsch, freundlich oder machiavellistisch waren. Und auch nicht, ob sie attraktiv, geistreich, selbstsicher oder gebildet waren. Was große Präsidenten von anderen abhob, war ihre intellektuelle Neugier und Offenheit. Sie lasen viel und waren genauso begierig, von Entwicklungen in der Biologie, Philosophie, Architektur und Musik zu erfahren wie von innen- und außenpolitischen Angelegenheiten. Sie waren daran interessiert, neue Ansichten zu hören und ihre alten Ansichten zu überprüfen.

Je mehr wir wissen, desto mehr wissen wir, was wir nicht wissen. Dieses Paradoxon war schon in der Antike bekannt.

Wir sollten demütig bleiben vor neuen Informationen, vor den Wundern dieser Welt, vor dem Schauspiel der Natur, welches wir nur betrachten müssen, um immer wieder neues dazuzulernen, uns inspirieren zu lassen, oder uns schlicht an der Schönheit zu erfreuen. Mein aktuelles Lieblingsbeispiel ist der Film Perfect Days von Wim Wenders, in dem wunderschöne Komorebi vorkommen. Auf Deutsch bedeutet das so viel wie Lichtspiel, das Sonnenlicht, welches durch die Blätter der Bäume blitzt.

Lernen ist für mich wie Domino spielen. Jeder Gedanke, jedes neue Plateau stößt eine neue Kettenreaktion an. Dass man in diesem Prozess zwangsläufig auf neue, unbekannte Gebiete vordringt ist dabei normal, ja sogar erwünscht.

Wie heißt es noch in Goethes "Faust":

Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor.

Mit Eifer hab' ich mich der Studien beflissen;
Zwar weiß ich viel, doch möcht' ich alles wissen.

Die Kunst ist es, niemals aufzuhören, mit einer kindlichen Neugierde und intellektuellen Demut auf die Welt zu blicken. Ein gesundes Maß an Zweifeln und sich selbst sowie die Welt in Frage zu stellen, ist ein Motivator, in neue Gefilde vorzudringen. Beenden möchte ich diesen Beitrag, mit einem Zitat von Albert Einstein, das Lust macht, Neues zu entdecken:

Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig.

In diesem Sinne: Fröhliches Zweifeln, umdenken, neu denken, experimentieren, spielen, Heureka schreien!